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Was ist eine Psychose? Was ist Schizophrenie?

in Psychosen und Schizophrenie 13.09.2010 19:29
von MissUnpredictable | 13 Beiträge

Was ist eine Psychose?

Eine Psychose ist ein krankhafter Geisteszustand, der geprägt ist durch Wahnerleben und veränderte Wahrnehmung bzw. Interpretation der Realität. Dieser Zustand tritt am häufigsten bei der bipolaren Störung (manische Depression) und bei der Schizophrenie auf. Auslöser ist in beiden Fällen eine Fehlreaktion des Gehirns, basierend auf biochemischen Vorgängen. Das ist allerdings eine Vermutung im logischen Umkehrschluss, weil sich beide Erkrankungen gut mit Medikamenten in den Griff bekommen lassen.

Die Medikamente sind aber nur die eine Seite. Im psychotischen Zustand erkennt der Erkrankte meistens nicht, daß er krank ist. Bei der schizophrenen Psychose kommt oft ein Beeinträchtigungs- und Verfolgungserleben dazu. Deshalb ist es in vielen Fällen notwendig, zum Schutz des Erkrankten vor einem Suizid oder zum Schutze der Umwelt vor evtl. zerstörerischen Aktivitäten, den Erkrankten (oder die Erkrankte) zwangsweise in eine psychiatrische Einrichtung zu bringen. Dort wird der Erkrankte mit entsprechenden Psychopharmaka behandelt, wenn notwendig auch gegen seinen Willen. Das Problem bei der Genesung ist, daß nach erfolgter Entlassung aus dem Krankenhaus bei dem Patienten die Einsicht für die Medikation vorhanden sein muss. Ohne Medizin tritt die Krankheit meistens wieder auf. Es gibt aber auch Leute, die wieder gesund werden, ohne fortdauernd Medikamente zu nehmen.

Der Ausbruch einer Psychose bringt für den Betroffenen meistens auch einen herben Einschnitt in das bisherige Leben. Beim Auftreten in jungen Jahren be- oder verhindert sie die Ausbildung des jungen Erwachsenen. Die oft bleibende Behinderung bzw. Beeinträchtigung des Leistungsvermögens verringert die Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Oft wird der Erkrankte dann zum Sozialfall oder, wenn er "Glück" hat, bekommt er Leistungen aus seiner Rentenversicherung. Er kommt, wenn sich nicht andere um ihn kümmern, in eine soziale Isolation. Das Bild eines psychisch Kranken in der Öffentlichkeit ist auch nicht gerade vertrauenserweckend. Der Begriff verrückt oder schizophren wird meistens abwertend gebraucht. Und wenn man mal etwas von Schizophrenie hört, dann meist in den Nachrichten in Zusammenhang mit Mord und Totschlag. Die bizarren Motive, die man da hört, ziehen die Reporter magisch an. Dabei sind schizophren erkrankte Menschen im Durchschnitt auch nicht gewalttätiger als der "normale" Teil der Bevölkerung.

Was ist Schizophrenie?

Der Begriff Schizophrenie wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von einem Schweizer Psychiater eingeführt und ist eigentlich ein wissenschaftliches Konstrukt. Denn die Krankheit zeigt kein einheitliches Bild und kann sogar bei demselben Patienten zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich verlaufen. Man spricht deshalb auch von den Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis. Schizophrenie bedeutet Bewusstseinsspaltung und soll damit meinen, daß das Erleben des Erkrankten geteilt ist in die Wahrnehmung der Realität so wie sie ist und in die Wahrnehmung einer "virtuellen" Realität, nämlich der eingebildeten.

Der Verlauf der Krankheit gibt oft Rätsel auf. So hören manche Patienten innere Stimmen, die sie beeinträchtigen, haben optische Halluzinationen, fühlen sich von Strahlen bedroht und von magnetischen Einflüssen. Insbesondere letztere Phänomene erleben die Erkrankten als Gedankenentzug. In der akuten Phase der Psychose, insbesondere bei Ersterkrankung, wenn man noch nicht weiß, daß man krank ist, versucht man sich verständlicherweise eine Erklärung für all diese, zum Teil körperlich erfahrbaren Dinge, zurechtzulegen. Die Erklärung findet sich leicht in vermeindlicher Überwachung und Verfolgung der eigenen Person. Von CIA und Stasi hat man ja genug schlimme Dinge gehört. Hinzu kommt, daß bei akuter Überforderung des Gehirns, verursacht durch den Wahrnehmungsstress, alle Dinge um einen herum als auf die eigene Person bezogen fehlinterpretiert werden können. So bildet sich schnell ein Wahn, in dem sich alles um die eigene Person dreht. Das Charakteristische an der ganzen Geschichte ist aber, daß der Verstand dem Kranken bleibt, er ist nur in eine Falle geraten und wandelt auf den Spuren des Wahns. Selbst im von außen betrachtet desolaten Zustand der Gedankenverwirrung und der Katatonie arbeitet der Verstand des Kranken normal, er sieht sich jedoch auf Grund der Wahneinbildungen zu diesem Verhalten gezwungen, was immer auch das konkrete Wahnmotiv sein möge.

Durch medikamentöse Behandlung der Erkrankten mit speziellen Neuroleptika können die Symptome gemildert werden und dadurch der Wahn oft beseitigt werden. In schweren Fällen, insbesondere bei Katatonien, ist oft die Elektroheilkrampfbehandlung die einzige Rettung. Sie hat unverdientermaßen einen etwas schlechten Ruf als Elektroschocktherapie, weil sie früher ohne Narkose durchgeführt wurde und nicht selten zur Disziplinierung störender Patienten diente.

Schizophrenie ist gar nicht so selten. Zirka 1% der Bevölkerung ist davon betroffen. Das heißt aber nun nicht, daß jeder 100., dem wir begegnen, vom Wahn befallen ist. Die akute Krankheitssymptomatik tritt bei einem Drittel der Betroffenen einmal auf im Leben und dann nie wieder. Bei einem weiteren Drittel kann es in größeren Abständen zu Rückfällen kommen. In der Zwischenzeit sind sie aber völlig gesund, was ihren Geisteszustand anbelangt. Nur beim letzten Drittel überwiegen die Rückfälle und die Krankheitssymptomatik. Für fast alle Betroffenen gilt: Eine bestimmte, regelmäßig eingenommene, Erhaltungsdosis von Neuroleptika verhindert in der Regel den Rückfall. Oft bleibt nach Rückfällen eine Behinderung in Form von verminderter Stressverträglichkeit und Defiziten bei der sozialen Kommunikation. Somit ist die Schizophrenie eine der Hauptursachen für die Invalidisierung junger Menschen. Bei Männern tritt die Ersterkrankung angefangen vom Teenageralter bis in die 20er hinein auf, bei Frauen ein paar Jahre später.

Obwohl es oft fälschlicherweise angenommen wird, ist die Schizophrenie keine Persönlichkeitsspaltung. Störungen der Persönlichkeit sind eine völlig andere Form psychischer Erkrankung.

zuletzt bearbeitet 13.09.2010 19:29 | nach oben springen
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