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Was ist Borderline?

in Borderline 13.09.2010 19:25
von MissUnpredictable | 13 Beiträge

Das Borderline-Syndrom zählt inzwischen zu den meist verbreiteten psychischen Erkrankungen und gehört zu den "emotional instabilen Persönlichkeitserkrankungen".
Die Betroffenen neigen dazu, Impulse ohne Berücksichtigung von Konsequenzen auszuagieren und leiden unter häufigen Stimmungsschwankungen. Ihre Fähigkeit vorauszuplanen ist gering und Ausbrüche intensiven Ärgers können zu explosivem, manchmal gewalttätigem Verhalten führen. Zudem sind das eigene Selbstbild und Zielvorstellungen unklar und gestört.
Ihre Neigung zu intensiven, aber unbeständigen zwischenmenschlichen Beziehungen kann zu wiederholten emotionalen Krisen mit Suiziddrohungen bzw. Suizidversuchen oder selbstschädigenden Handlungen führen.

Die eine Borderline-Störung mit den typischen Symptomen und der einen Behandlungsmöglichkeit gibt es nicht.
Aufgrund der Vielfalt der Symptome und Beschwerden und ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen wird sie wie kaum eine andere psychische Störung kontrovers diskutiert.

Die Schwierigkeit beginnt schon in dem Begriff:
In der aktuellen Literatur zum Thema finden sich "Borderline-Störung", "Borderline-Persönlichkeitsstörung", emotional instabile Persönlichkeit vom Borderline Typus usw.

Oft werden diese Begriffe wie Synonyme verwendet, was dem Problem und den Betroffenen nicht gerecht wird.

Symptome
Jeder Mensch kann manche, der nachstehend angeführten Symptome, bei sich wahrnehmen ohne deshalb unter dem Borderline-Syndrom zu leiden.
Aber auch für die vom Krankheitsbild Betroffenen ist oft nur ein Teil der Beschwerden wahrnehmbar und diese nehmen bei jeder Borderline-Persönlichkeit andere Ausprägungen an.
Es werden nun körperliche, seelische und sich im Verhalten spiegelnde Symptome beschrieben:

- Angstzustände
- Zwänge
- Konzentrationsschwierigkeiten
- Körperliche Anspannung
- Schlafstörungen
- Alpträume
- Innere Leere
- Unwirklichkeitsgefühle
- Hoffnungslosigkeit
- Deprimiertheit
- Verzweiflung
- Antisoziales Verhalten
- Häufige und unangemessene Zornausbrüche
- Autoaggressivität
- Fremdaggressivität
- Wut
- Suizidalität / Suizid
- Drogenmißbrauch
- Alkoholmißbrauch
- Multivariante Sexualität (häufig wechselnde sexuelle Kontakte)
- Eßstörungen
- Stimmungsschwankungen
- Schwierigkeiten seine Gefühle wahrzunehmen
- Selbstabwertung
- Selbsthaß
- Versagensängste
- Ekelgefühle
- Schamgefühle
- Schuldgefühle
- Schwarzweiß-Denken
- Pessimismus
- Massive Angst vor dem Alleinsein und Verlassenwerden
- Unfähigkeit fremde Hilfe anzunehmen

Begleiterkrankungen
Die Borderline-Störung tritt sehr häufig im Zusammenhang mit anderen psychischen Erkrankungen auf, etwa Ess-Störungen, Depressionen, Störungen der Sexualität, Zwangs- und Ticstörungen, Suchterkrankungen etc.
Diese Begleiterkrankungen sind gelegentlich Grund für die Suche nach Hilfe. Im Rahmen der Behandlung oder Psychotherapie wird dann die Borderline-Störung deutlich.
Dabei können die Verknüpfungen vielfältig sein. Einige Störungen entstehen als Folge der Borderline-Störung (etwas depressive Symptome) oder sind als Bewältigungsversuche zu verstehen (etwa Ess-Störungen oder Substanzmittelmissbrauch), andere verstärken die Probleme der Borderline-Störung.

URSACHEN
Aufgrund unterschiedlicher wissenschaftlicher und therapeutischer Ausrichtungen gibt es mehrere Theorien über die Entstehung der Borderline-Erkrankung.
Es läßt sich ein gehäuftes Auftreten einer Borderline-Persönlichkeitsstörung feststellen, wenn folgende 4 Faktoren in der Kindheit zusammengekommen sind:

1.) Temperamentvolle Kinder sind gefährdeter (im Sinne biologischer Anlagen)
2.) Verlusterlebnisse in der Kindheit (können jedoch auch nur in Phantasie des Kindes stattfinden)
3.) Schmerzen (Kinder, die häufig krank sind und oft unter starken Schmerzen leiden)
4.) Aggressionen, denen Kinder ausgesetzt sind (Streitereien, Mißbrauch, Kriege,...)
Da zur Entwicklung eines Borderline-Syndroms mehrere Ursachen auslösend sind sollen hier noch weitere Faktoren genannt werden:
5.) Störung der Entwicklung innerhalb der ersten drei Lebensjahre: Dieser Altersabschnitt ist für die Entstehung des Borderline-Syndroms von besonderer Bedeutung, weil sich in diesem Zeitraum die Grundsteine der Persönlichkeit entwickeln.
Die wichtigste Bezugsperson kann aus persönlichen oder gesundheitlichen Gründen nicht empathisch auf das Kind eingehen: sie ist vielleicht selbst psychisch instabil, sie hat persönliche Probleme in der Partnerschaft, im Beruf,...
Borderline-Persönlichkeiten haben nicht gelernt, daß eine Person gleichzeitig gut und böse sein kann, sondern halten diese Züge eines Menschen strikt voneinander getrennt.
6.) Häufig findet man in der Kindheit des Betroffenen ein Verlassenheitstrauma:
Die wichtigste Bezugsperson steht aus anderen Gründen "nicht zur Verfügung". Zum Beispiel weil ein neues Geschwisterchen zur Welt kommt oder ein Angehöriger intensive Pflege benötigt (lange andauernde Überforderung) etc.
Weiters kann auch das reale Verlassenwerden durch z.B. einen Krankenhausaufenthalt (des Kindes selbst oder der Bezugsperson) oder eine längere berufliche Abwesenheit der Bezugsperson ein traumatisches Erlebnis für das Kind sein
7.) Emotionale Vernachlässigung
Die "Primärversorgerinnen" waren lieblos, empathielos und überwiegend destruktiv, häufig jedoch auch in der aggressionswertigen Überfürsorglichkeit.
8.) Konflikte im Jugendalter (z.B. im Rahmen der Ablösung der Jugendlichen vom Elternhaus)
9.) Traumatische Erlebnisse
10.) (Sexueller) Mißbrauch
Borderline-Patienten sind in einem subtil wechselnd stark destruktiven Milieu aufgewachsen, wobei sich diese Destruktivität auch - und das überzufällig häufig - in direkter körperlicher Gewalt (Prügel) und sexuellen Übergriffen (sexueller Mißbrauch durch den Vater) manifestieren kann.
Zudem sorgen viele gesellschaftliche Veränderungen dafür, daß sich aus einer leichten Persönlichkeitsentwicklungsstörung eine massive Borderline-Störung entwickeln kann.
Insbesondere die Individualisierungstendenz, verbunden mit einem Rückgang der Unterstützung durch Familie und soziales Umfeld, sind hier als Beispiele zu nennen.

Die häufigsten Irrtümer
- Alle Borderliner sind gleich, sie empfinden dasselbe und verhalten sich auf dieselbe Weise.
- Die Störung ist chronisch - einmal Borderline, immer Borderline. Eine Besserung des aktuellen Zustandes ist eigentlich nicht möglich.
- Borderlinestörungen entstehen immer durch sexuellen, körperlichen oder emotionalen Missbrauch in der Kindheit.
Wer sich an kein Trauma in der Kindheit erinnern kann, braucht Psychotherapie, um das Trauma ins Gedächtnis zurückzurufen und um dann über den wiederbelebten Schmerz die Störung aufzulösen!
- Die Borderlinestörung gibt es gar nicht:
Betroffene sind schlecht angepasste, schwer zu beeinflussende Menschen, die mit ihrem Verhalten andere nur kontrollieren oder manipulieren wollen.
- Es macht keinen Sinn, mit Betroffenen über ihr Denken und Verhalten gemeinsam nachzudenken und zu sprechen.
- Wenn Partner und Familien sich nur anders verhalten würden, wäre das ganze Problem gelöst. Die Ursache liegt eigentlich nur in der Familie.

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